Haben wir einen Kraftschluss? Garkein?

Haben wir einen Kraftschluss? Garkein?

Bei diesem ganzen Projekt E34 hatte ich wirklich erhofft das mir das erspart bleibt, was jetzt kommt. Aber man wächst bekanntlich an seinen Herausforderungen sagte mal bestimmt irgendeine weise Person.

Nachdem also der Motor soweit erstmal läuft hatte ich mich darauf gefreut das ich mal kurz eine Runde mit meinem Schnäppchen drehen kann. Im ersten Beitrag schrieb ich ja, dass ich noch immer den Haken an allem suche, vor allem da der "Motorschaden" ja am Ende doch recht glimpflich ausging. Aber ich denke, ich habe ihn nun gefunden. Denn beim Einlegen in das Fahrprogramm D passierte... nix. Okay, vielleicht in 4? 3? 2? R? Haben wir eine Bewegung? Nein? Hm... Drehzahl erhöht, kein Unterschied. Bitte nicht...

Also mal gegooglet da wir von Automaten eher weniger bescheid wissen. Zwar fahre ich ein ähnliches Getriebe im E31 und kenne da die üblichen Handgriffe bei einer Wartung. Aber das? Nunja, "Kein Kraftschluss" und das Getriebe "5HP18" waren da die Stichworte. Was man erstmal so findet klingt ja alles schlüssig, teils aber beängstigend. Vom simplen "zu wenig Öl" bis zur ausgebrannten Kupplung war alles dabei. Fange ich also systematisch mit dem einfachsten an und checke mal besagtes Öl. witti hatte da netterweise einen 20L Kanister ATF III was auch der ZF Freigabe 11B entspricht (schwarzes Typschild am Getriebe) den ich günstig gegen Diesel eingetauscht hab. Also nochmal ne Ölspritze geshoppt und mal Öl einfüllen. Beim Herausdrehen der Ablassschraube kam mir schon ein Schwall Öl entgegen - schonmal ein gutes Zeichen. Es war zwar dunkel wie Getriebeöl nach etlichen Jahren halt aussieht, es war aber keineswegs verbrannt oder dergleichen - Kupplungsschaden ist also sehr wahrscheinlich ausgeschlossen.

Also drangesetzt und den Ölstand nach Vorgabe geprüft:

  • Öl einfüllen bis zum Überlauf bei abgeschaltetem Motor
  • Motor starten und wieder bis zum Überlauf einfüllen
  • Gänge im Winterprogramm durchschalten und kurz halten
  • Während Motorlauf erneut bis zum Überlauf einfüllen und Einfüllschraube reindrehen
  • Öl darf bis zum letzten Punkt die 30-40 Grad nicht überschreiten

Aber am zweiten Punkt kamen mir erste Zweifel. Nach dem dritten Punkt waren diese festgebrannt - denn ich konnte kein Öl einfüllen? Es floss direkt wieder raus. Auch hat sich nichts gemischt in der Ölwanne... es fehlt also der Öldruck bzw. die Ölpumpe scheint nicht zu laufen. Wie bestätigt man das zu 100%? Ich hab eine Leitung am Getriebeölkühler geöffnet und geschaut ob es da im Betrieb rauspisst und siehe da... nichts!

Wer macht bitte einen neuen Zylinderkopf wenn das Getriebe schrott ist? Das war auch die ganze Zeit die Hoffnung das der kein Getriebeschaden hat. Also parallel mal wieder gegooglet, im Forum nach Hilfe gesucht und den Vorbesitzer kontaktiert ob er genaueres weiß. Und er wusste bescheid und hat es natürlich beim Verkauf nirgends erwähnt. Zählt das eigentlich zur arglistigen Täuschung?


Machen wir also jetzt einen gewaltigen Zeitsprung. Denn seit der Entdeckung sind bereits einige Monate vergangen. Und auch was jetzt kommt ist schon wieder 2-3 Monate her... wie die Zeit rennt. Ich will doch nur mit der Mühle die Luft aromatisieren.

Ich kam nicht drumherum und das Getriebe musste raus. Ein Ersatzgetriebe hatte ich in der Zwischenzeit mal auf Gut Glück geordert. Es hat zwar eine leicht andere Gehäuseform, hat aber sonst die identischen BMW und ZF Teilenummern.
Aber warum den Spaß fragst du dich bestimmt. Tja, da kein Öldruck anliegt, liegt der Verdacht äußerst nahe, dass die Ölpumpe nicht angetrieben wird. Dies ist leider ein absolut gängiges Problem wenn man keine Ahnung davon hat und einfach ein Wandlerautomatikgetriebe an den Motor flanscht. Der Wandler selber ist erstmal fest mit der Kurbelwelle verbunden, dreht also immer genauso schnell wie der Motor. Der Wandler selber hat noch 2 kleine Aussparungen, die an 2 Mitnehmer innerhalb der Ölpumpe anliegen. Sitzt der Wandler nicht in, sondern vor den Mitnehmern, brechen diese beim Anziehen an den Motorblock einfach ab. Die Folge: Die Ölpumpe wird durch den Wandler nicht mehr angetrieben.

Links sind die abgebrochenen Mitnehmer zu sehen. Rechts ist die Ölpumpe intakt. © Schäden diagnostizieren und Austauschfehler vermeiden - Krafthand

Brrr, brrr, brrr... und schon war der Auspuff ab und die Kardanwelle vom Getriebe gelöst. Hier noch die Ölkühlerleitung, da einen Getriebestecker, nochmal die Getriebelager und schon konnte das Getriebe abgeflanscht werden.

Hier vermute ich bei mir die abgerissenen Mitnehmer (maximiert)

Ein Wandlerautomatikgetriebe ist Ansich äußerst Anspruchslos was den Aus- und Einbau betrifft. Denn anders als bei einer Kupplung muss man hier nicht zwingend alles genau ausrichten, einstellen, usw... Es ist nur extrem wichtig, dass der Wandler korrekt in die Ölpumpe eingreift! Dies sollte am besten mehrfach auf Korrektheit geprüft werden und während des Einbaus muss sichergestellt sein, dass sich der Wandler nicht aus der Arretierung bewegt. Dazu gibt es Spezialfixierungen und wenn man z.B den Abstand vom Wandler zur Getriebeglocke kennt, kann man so recht einfach herausfinden ob der Wandler richtig sitzt. Netterweise hat mir der Vorbesitzer gebeichtet, dass der Vor-vorbesitzer das Getriebe wenige Zentimeter abgeflanscht hatte. Es ist davon auszugehen, dass dadurch der Wandler herausrutschte, leicht verdreht und beim Anziehen die Mitnehmer abgerissen hat.

Nachdem der Anlasser und die restlichen Schrauben gelöst waren, könnte das Getriebe ganz sanft aus der Kurbelwelle gelöst werden. Das absenken hat sich als etwas kompliziert erwiesen, aber das muss ich ja nicht im Detail erläutern. Dies war auf jeden Fall unserer Baustelle:

Im nächsten Teil geht es dann mit dem Einbau weiter... und einem dann hoffentlich rollenden Ruß Touring. Eigentlich hätte der schon längst fertig werden sollen, aber so ist das manchmal. Danach stehen noch 2 Reparaturmaßnahmen und die anschließenden Optimierungsmaßnahmen für sein Einsatzgebiet. Deadline zur Fertigstellung: 31. Juli 2024 ;)

Cheers.