Ist der Diesel kalt, gib ihm Viereinhalb

Ist der Diesel kalt, gib ihm Viereinhalb

Jetzt gibt's mal bisschen was zur Bosch Verteilereinspritzpumpe, kurz VEP. Also mal ein allgemeiner Technik Post statt was spezifisches zu BMW.

Die Fördermenge wird an den Bosch Einspritzpumpen über ein Mengenstellwerk geregelt - diese gibt es in den verschiedensten Ausführungen. Angefangen vom vollständig mechanischen (dort wird es Drehzahlregler genannt) über ein Bowdenzug bis hin zum voll elektronisch geregeltem Elektromotor. Ich gehe allerdings mal nur auf meine verbaute Technik genauer ein - was u.a. bei einem Drehzahlregler passieren kann, seht ihr hier.

Der E34 525tds besitzt bereits ein E-Gas. Das heißt, am Gaspedal hängt salopp gesagt ein Poti das die genaue Gaspedalstellung elektronisch erfasst und digital durch ein Motorsteuergerät verarbeitet wird - dies ist soweit in allen modernen KFZ Stand der Technik. Kann man von halten was man will, ich bin aber persönlich eher der Seilzug Freund wie es u.a. noch im E31 V8 verbaut wurde (selbst der Tempomat regelt die Drosselklappe per Bowdenzug, richtig geil).
Somit könnt ihr euch also denken, ich hab ein elektronisches Mengenstellwerk.

Das Mengenstellwerk besteht neben bisschen Elektronik aus einem Potentiometer, Stellmagnet und einer daran anliegenden exzentrischen Welle. Die Exzenterwelle greift in den Regelschieber der Einspritzpumpe ein, das je nach Position die Druckkammer für den jeweiligen Hub (6x alle 4 Takte) entweder früher (geringere Fördermenge) oder später (höhere Fördermenge) wieder entlastet und der überschüssige Druck ins Pumpengehäuse zurückwandert - daher ist es auch meist in mg/Hub angegeben. Schaut dann so aus in der Pumpe:

Im rechten Eingang ist der Regelschieber mit dem kleinen Loch zu sehen - in dieses Loch greift die Exzenterwelle hinein.

So ein Mengenstellwerk ist gegenüber einem Aus- und Einbau recht undankbar. Das Teil sitzt war direkt oben auf dem Pumpenkopf und ist zwar nur mit 3 Torx- und einer Spezial 3-Kantschraube befestigt, allerdings ist das Mengenstellwerk zusammen mit der Pumpe genaustens justiert und abgestimmt. Freundlicherweise hat das Alugehäuse dazu noch Langlöcher womit man das gesamte Mengenstellwerk um mehrere Millimeter verschieben kann. In Fachkreisen heißt es allerdings, dass das Mengenstellwerk im Falle eines Aus- und wieder Einbaus auf 1/10mm genauestens eingestellt werden muss. Andernfalls startet der Motor nicht oder dreht völlig hoch bzw. sägt mit sehr erhöhter Drehzahl - was kleinste Verschiebungen, die kaum sichtbar waren, ausmachen, konnte ich im Verlauf des Posts selber feststellen.

Soweit so gut. Angefangen habe ich aber erstmal mit dem Deckel des MSW. Ebenfalls 3 Torx Schrauben und die eine Spezialschraube, die geht als einzige durch das gesamte Gehäuse. Somit sind schonmal die ersten und wichtigen Teile zu sehen, nach dem ein Schwall Diesel entgegenkam:

Die Kammer ist normalerweise bis zum Rand mit Diesel gefüllt.

Sofort habe ich versucht die Exzenterwelle zu drehen und festgestellt, das die äußerst Schwergängig war. Okay, soll das so oder liegt da der Fehler? Denn die gesamte Pumpe scheint in einem äußerst guten Zustand zu sein. Von innen gibt es keinen Ansatz von Ablagerungen, verklebungen oder sonstigem Zeugs (abseits von paar Krümeln). Warum sollte also die Exzenterwelle so verklebt sein?

Viel recherchiert aber nur sehr wenig dazu gefunden, wie freigängig das sein muss. Also einmal in ein Forum geschrieben und prombt die Antworten erhalten, dass der regelrecht zurückschnappen muss. Als Nebeninfo: Der Stellmagnet arbeitet gegen eine Federspannung an, so dass ohne anliegender Spannung die Exzenterwelle in Ruhestellung liegt und jederzeit gewährleistet ist, das die immer richtung weniger Fördermenge gezogen wird.

0:00
/
So schwergängig solls also nicht sein

Alles klar, also in sauren Apfel gebissen und das Ding vollständig ausgebaut - jegliche Werkseinstellung war damit über den Haufen geworfen - aber was blieb mir übrig? Zuhause einmal mit Bremsenreiniger von Diesel befreit und mit Rostlöser stehen lassen, um nach einer Stunde mit großem Staunen feststellen zu müssen, dass die Welle durch die Federkraft wieder zurückschnappt. Ja, wars das schon? Fast schon drauf eingestellt das Ding wochenlang in einem Reiniger einweichen lassen zu müssen. Am nächsten Tag die Enttäuschung: wieder Fest. Was hat sich geändert? Eingebaut wars fest, zuhause nach einer Stunde freigängig, am nächsten Tag morgens immer noch freigängig, nach dem es 10 Stunden im Auto lag wieder fest. Alles klar, also kommt der mit den Temperaturen nicht klar. Also mal verglichen: Auf Heizung frei, nach Tiefkühler wieder fest, auf Heizung wieder frei. So komm ich nicht weiter. Also überlegt und mal getestet wie weit ich das Teil mit meinem Haushaltsföhn erhitzen kann. Es ging tatsächlich recht gut. Also kurzerhand alles eingepackt, das Mengenstellwerk eingebaut und erstmal 15 Minuten den Föhn drauf gehalten. 2 mal Glühen lassen, und drehen! Nach paar Arbeitstakten sprang er an und was soll ich sagen, er blieb an! Keine Notabschaltung mehr, was eine Odyssee... wieder ausgemacht, gefreut, Kühlwasser aufgefüllt, und wieder gestartet. Und wieder blieb er an, aber sägte relativ stark. Die Drehzahlen gingen immer von 1100 / 1200 bis auf 2000 hoch. Nach mehreren Anläufen mit der Justierung des Mengenstellwerk folgenden Zustand hinbekommen, der sich übrigens nach mehrmaligem Warmlaufenlassen noch weiter gebessert hat:

0:00
/
Das Abtouren sowie der Leerlauf sind noch nicht 100%ig korrekt. Möglicherweise verursacht durch das (noch) träge Mengenstellwerk.

Wie auch im Video zu sehen hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits seine 80-90 Grad Wasser Temperatur bekommen - auch hier funktioniert soweit alles und Arbeitet wie es soll. Der Turbo pfeift schön, keine großen Leckagen an Motor, Pumpe oder Düse zu sehen. Somit ist das Motor Kapitel erstmal abgeschlossen.

Was war übrigens das Problem? Bei eingeschalteter Zündung fährt der Stellmagnet einmal auf Anschlag und zurück. Während des gesamten Startens regelt das Stellwerk ebenfalls dauernd die Fördermenge um die korrekten Drehzahlen zu erhalten. Und wie im Video eindrucksvoll gesehen, schob sich das Stellwerk nur sehr träge richtung untere Endstellung - und damit wurde immer mehr gefördert als vom Steuergerät erwartet weshalb dieses aufgrund der Unplausibilität (das Steuergerät weiß jederzeit in welcher Position sich alles befindet) das Absperrventil Stromlos schaltet und daher die Dieselzufuhr sofort unterbrochen wird.
Wir hatten nämlich einmal das Absperrventil überbrückt um zu schauen, ob der Motor abgeschaltet wird (durchs Steuergeät) oder ein anderer mechanischer Fehler (Luft in Pumpe) vorlag. Und mit dem überbrückten Absperrventil hatten wir in Bruchteilen von Sekunden die 3000 Umdrehungen erreicht und vor Schreck die Brücke wieder entfernt.

Kurze Zusammenfassung der letzten Beiträge:

  • Gekauft mit festem Motor
  • Keilriemen blockierte nur
  • Gebrauchten Turbo eingebaut
  • Nockenwelle um 180 Grad verdreht, daher falscher Einspritzzeitpunkt
  • Festes Mengentellwerk, daher Vollgas und Sicherheitsabschaltung
  • Mit einigen mitgegebenen sowie Neuteilen komplettiert

Aaaaber das solls natürlich noch nicht gewesen sein - alles andere wäre ja langweilig. Denn wenn man ein nicht fahrbereites Auto kauft, kann natürlich auch alles andere, was man normalerweise bei einer Probefahrt prüft bzw. feststellen kann, defekt sein. Um es Vorweg zu nehmen wird es also noch zu den 3 Themen jeweils ein Post geben:

  • Automatikgetriebe
  • Wärmetauscher / Heizung
  • Schweller schweißen

Das Tuning und der spätere Ausbau für den geplanten Einsatzzweck wird dann folgen, wenns wirklich soweit ist.

Cheers.