Leistungsloch so richtig demontiert (AAB Turbo)

Leistungsloch so richtig demontiert (AAB Turbo)

In meinem letzten Beitrag über den Syncro T4 berichtete ich über die Auswirkungen eines verschlissenen Dämpfers am Gaszug. Das erste mal richtig Vollgas geben - Wahnsinn, was damit alles möglich wurde. ;-)

Im Sommer stieß ich dann im Online Auktionshaus meiner Wahl auf ein Set aus Bauteilen, welche mir bei der weiteren Leistungssuche durchaus behilflich sein könnten.

Eine Woche später lag ein Paket aus dem Baltikum auf dem Hof und ich fand darin: Ansaugbrücke, Abgaskrümmer, Turbolader und Ladeluftkühler, allesamt von einem ACV. Für die T4-Ahnungslosen: In meinem Modell werkelt ein 2,4l 5 Zylinder Saugdiesel mit dem Kennbuchstaben AAB. Der ACV ist ebenfalls ein 5 Zylinder Diesel, allerdings als TDI, also mit Direkteinspritzung und Turbolader. Die Blöcke sind weitestgehend identisch, die Köpfe ähnlich, die erworbenen Teile sollten mit (relativ) überschaubarem Aufwand Platz an meinem AAB finden können.

Anfangs etwas skeptisch, ob ich dem alten Diesel mit fast 400.000km auf der Uhr so eine Optimierung zumuten sollte, entschied ich mich also für den Umbau zum rein mechanischen Turbodiesel.

Im September stand eine Woche Urlaub vor der Tür und es stand fest, der Turbo muss rein. Der Umbau ist technisch relativ simpel, doch wer die Platzverhältnisse im Motorraum des T4 kennt weiß, dass so ein Umbau nur mit blutigen Händen und viel gefluche vonstatten gehen kann.

Die beiden Krümmer ließen sich erstaunlich problemlos demontieren. Die unteren Schrauben der Ansaugbrücke sind nur blind und relativ schwierig zu erreichen, hier heißt es: "Immer schön den Motor umarmen." Neben den Krümmern musste ich den Ölfilterhalter tauschen, da die Zulaufleitung des Turboladers dort angeschlossen wird. Ich erhoffte mir das ersparen zu können, da an meinem verbauten Halter eine verschlossene Bohrung vorhanden war. Wie sich herausstellte aber leider mit einem anderen Gewinde, als ich es benötigte. Der Ölpeilstab, bzw. dessen Rohr, war ebenfalls zu tauschen, da hier die Rücklaufleitung des Turboladers ihren Platz findet.

Abgaskrümmer und Lader montiert

Was hier so einfach klingt war in der Realität mit einigem Fluchen und kurzzeitiger Frustration verbunden, aber am zweiten Tag war das gröbste fertig, die Ladeluftverrohrung erstmal grob zusammengesteckt und es ging an den ersten Start.

Ich glühte, und orgelte, und war auch ein wenig aufgeregt, als ich den Schlüssel weiterdrehte. Dreht er unkontrolliert hoch? Runaway? Zerlegt sich der Turbo in seine Einzelteile? Nein, warum sollte er, das Lagerspiel fühlte sich gut an. Nichts davon trat ein, er sprang an und lief wie gewohnt. Von Ladedruck im Leerlauf bisher keine Spur. Normal? Bevor wir auf die Suche nach dem Ladedruck gehen konnten stieß es mir ins Auge. Der Ölfilterhalter ist undicht und pieselt fröhlich vor sich in. Zum Glück verhinderte das nicht entfernte Auffanggefäß hier eine Umweltkatastrophe.

Frustriert machte ich mich auf die Suche nach der Ursache, bis mir Auffiel, dass auf meinem demontierten Filterhalter ein Kupferring steckt. Und in der Kiste mit den neu erworbenen Teilen ein zweiter liegt. Wenn zwei neben dem Auto liegen wird wohl keiner am Motor sein. Scheiße.

Der Filterhalter musste nochmal ab. Dieser sitzt direkt über der Vorderachse an der Rückseite des Motorblocks. Beim der ersten Montage konnte ich die Stelle von oben relativ gut erreichen, jetzt war hier ein Turbolader im Weg. Die eigentliche Herausforderung ist hier der Wasser-Ölkühler, welcher mit auf dem Flansch sitzt und dessen Schläuche (fast) zu kurz sind um ihn herauszuziehen. Die Schläuche ließen sich Mangels Platz aber auch nicht lösen. Es kam einem Wunder gleich, als ich die Elastizität dieser Schläuche an ihre Grenze brachte und den Ölkühler endlich demontiert hatte. Daraufhin das ganze Prozedere rückwärts, nur eben mit Kupferring. Ein ganzer weiterer Tag ging an dieser Aktion verloren.

Zwei Kupferringe neben dem Auto, hieß keiner war verbaut

Zweiter Start: Der Ladedruck war erstmal uninteressant, zuerst kletterte ich unter das laufende Auto um das Ölleck zu beobachten. Trocken. Zum Glück. Jetzt konnte es los gehen. Mit ein bisschen Drehzahl ließ sich die Ladedruckanzeige zum leben erwecken, die Lose zusammengesteckten Ladeluftschläuche flogen auseinander. Erfolg!

Quick and Dirty für die ersten Startversuche

Es musste nur noch der Ladeluftkühler montiert, ein Ansaugschlauch zum Luftfilterkasten gebaut und eine Lösung für die Kurbelgehäuseentlüftung gefunden werden. Beim Ladeluftkühler lagen Halter bei, allerdings war der vordere für einen langen Vorderwagen bestimmt. Zuerst behalf ich mir hier mit Kabelbindern, später modifizierte ich den Halter, sodass er am kurzen Vorderwagen Platz fand. Der Ansaugschlauch ist nun ein Trabant Ansaugrohr welches interessanterweise perfekt auf den Turbolader passte und auf das originale AAB Rohr adaptiert wurde. In selbiges legte ich auch einen 1 Zoll Schlauch von der Kurbelentlüftung und dichtete dies ab. Schöner wäre es hier sicher, auch noch auf die entsprechenden ACV Komponenten umzusteigen, aber die waren nunmal nicht da und ich wollte fahren.

Halter für den Ladeluftkühler vom langen Vorderwagen auf den kurzen umgebaut

So ging es zu ersten Probefahrt und zu meinem Erstaunen stellte ich sofort einen Unterschied fest. Die Dieselfreunde wissen, dass es mit Ladedruck nicht getan ist, für mehr Kraft benötigen wir auch mehr Kraftstoff. Ich habe die Dieselpumpe bis zu diesem Zeitpunkt aber unberührt gelassen. Scheinbar arbeitete diese schon zuvor mit leichten Kraftstoffüberfluss, sodass sich direkt eine leichte Veränderung bemerkbar machte.

Zuerst wollte ich nun den Ladedruck auf den gewünschten Wert abstimmen, bevor ich die Dieselpumpe anfasse. Zur Einstellung des Ladedrucks habe ich ein Dampfrad aus dem Tuningzubehör vor die Wastegatedose geklemmt um den Öffnungsdruck des Wastegates anpassen zu könne. Das Wastegate öffnet das Abgasgehäuse des Turboladers ab einem bestimmten Druck und regelt das Ladedrucksystem so auf einen definierten Wert ein.

Mit geschlossenem Dampfrad erwartete ich einen Druck von ca 0,6bar. Umso erstaunter war ich, als die Ladedruckanzeige auf bis zu 1,3bar wanderte. Irgendwas stimmte nicht. Ich hatte die Wastegatedose bzw. ihre Einstellung in Verdacht. Selbst nach Grundeinstellung des Gestänges keine Besserung. Ich hatte schon eine neue Druckdose bestellt, bevor mir der Einfall kam, das Dampfrad auszubauen. Und siehe da, er tanzte um die 0,6bar. Komisch. Ich stellte fest, dass im T-Stück des Dampfrades ein Rückschlagventil sitzt, welches sich von meinen niedrigen Drücken scheinbar unbeeindruckt zeigte. Dadurch war das Wastegate ständig Drucklos und hätte erst geöffnet, wenn der Ladedruck die Federkraft des Wastegates überstiegen hätte. Nachdem ich dieses Ventil kurzerhand demontiert habe, ließ sich der Ladedruck am Dampfrad justieren.

Dieser Rückschlag war offenbar immer zu und das Wastegate damit drucklos

Erfahrungsberichten zufolge soll meine originale Einspritzpumpe mit Ladedrücken bis ca 0,8bar gut abzustimmen sein. Diesen Wert strebte ich auch an, aber wie das so ist, bei 0,9bar, bzw. fast 1bar im Overboost dachte ich, dass ich es ja auch mal so probieren könnte. Viel hilft viel. ;-)

Im nächsten Schritt musste nun die Fördermenge an meiner Dieselpumpe erhöht werden. Da diese keine Ladedruckanreicherung hat, geschieht dies über die Mengenschraube der Pumpe, welche im gesamten Arbeitsbereich wirkt. Ich entfernte die Plombe und organisierte mir ein Safety Car, welche hinter mir fuhr und mich am Funkgerät über die Rauchentwicklung an meinem Schornstein auf dem laufenden hielt. So stoppten wir einige male und drehten die Pumpe fetter, bis der Motor unter Volllast anfing zu rußen. Daraufhin wieder einen Ticken zurück, um rußfreie Vollgasfahrten zu ermöglichen. Mehr einzuspritzen macht keinen Sinn.

Das Ergebnis war absolut erstaunlich, ich fuhr ein ganz anderes Auto. Die Leistung war sicher über der eines ACV TDI. Doch es blieb ein Problem. Die Leerlaufdrehzahl erhöhte sich natürlich durch die größere Einspritzmenge ebenfalls deutlich. Meine Pumpe hat keine Leerlaufschraube, wie sie an anderen Bosch Verteilerpumpen zu finden ist, daher reduzierte ich die Restmenge um den Leerlauf wieder zu reduzieren und um auch wieder eine Motorbremswirkung zu erzielen. Manchmal sackte die Drehzahl ohne Last gar überhaupt nicht mehr ab. Ab einem bestimmten Punkt ließ sich die Restmenge allerdings nicht weiter reduzieren. Hier bin ich also an der Grenze der AAB Pumpe angelangt. Schade, aber so musste ich doch noch etwas Gesamtmenge herausnehmen, bis der Leerlauf wieder auf einem angemessenen Level war. Vermutlich ist er noch immer leicht erhöht, mangels Drehzahlmesser kann ich das nicht genauer verifizieren.

0:00
/
Ladedruckanzeige während der Abstimmung

Trotzdem, der T4 ist ein anderes Auto geworden. Den Ladedruck werde ich noch etwas reduzieren, sodass ich wieder kurz vor der Rauchgrenze bin. Höhere Leistungen lassen sich dann nur mit einer Pumpe mit Ladedruckanreicherung vernünftig abstimmen. Da gäbe es eine passende vom Audi 100 TD, die Preise sind allerdings jenseits von gut und böse. Mal schauen, ob mir so eine nochmal über den Weg läuft. Es ist schon verlockend, die Leistung des Fahrzeugs mittels zweier einfacher Schrauben so justieren zu können.

Weiterer Nachteil  meiner Originalpumpe ist außerdem, dass diese nun unabhängig vom Lastzustand mehr Diesel einspritzt als original. Trete ich nun unvorsichtig aufs Gas, bevor der Turbolader seinen Druck aufbaut, quittiert der Motor dies mit einer schwarzen Wolke. Mit einem gefühlvollen rechten Fuß lässt sich dies aber in Grenzen halten.

Der AAB Turbo umbau war mit einigen Qualen verbunden, aber das Ergebnis verzeiht diese eindeutig.

Munter!